Was macht eine Ethikkommission im Rahmen klinischer Prüfungen in Deutschland?

Eine Ethikkommission bewertet Anträge zur Durchführung klinischer Prüfungen von Arzneimitteln und Medizinprodukten nach ethischen Gesichtspunkten. Damit sollen in erster Linie die Rechte und die Sicherheit der Patienten gewährleistet werden. Deshalb werden neben dem Studienprotokoll auch die Qualifikation der Prüfärzte und alle Unterlagen, die der Patient im Verlauf der Studie erhalten wird, geprüft. Das sind unter anderem die Patienteninformation, die Einwilligungserklärung, Werbung, die Probandenversicherung und die Aufwandsentschädigung der Patienten. Aber auch die Prüfarztverträge, insbesondere die Honorare für die Prüfärzte, müssen ethisch vertretbar sein und werden deshalb durch die Ethikkommission (EK) begutachtet. Beim Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen sind Checklisten hinterlegt, welche Unterlagen nach AMG bzw. MPG bei den öffentlich-rechtlichen EKs eingereicht werden müssen. Geringe Abweichungen zu anderen EKs können vorkommen.

Nicht immer müssen Anträge bewertet werden, in manchen Fällen berät die Ethikkommission den Sponsor einer Studie, zum Beispiel bei Registerstudien.

 

Mitglieder einer Ethikkommission

Ethikkommissionen sind in Deutschland interdisziplinär besetzt. Sie bestehen im Allgemeinen aus Medizinern, Naturwissenschaftlern, Juristen, Philosophen und Theologen. Somit ist gewährleistet, dass im Idealfall alle zu berücksichtigenden Aspekte in die finale Bewertung einfließen.

 

Antragstellung und Fristen

Der Antrag zur Durchführung einer klinischen Prüfung von Arzneimitteln oder Medizinprodukten wird durch den Sponsor bei der zuständigen Bundesoberbehörde (BfArM oder PEI) und bei der Ethikkommission schriftlich eingereicht. Erst nach Genehmigung durch die Bundesoberbehörde (BOB) und nach zustimmender Bewertung durch die Ethikkommission darf eine klinische Prüfung beginnen. Nach der Ersteinreichung müssen Amendments, ein Prüfarztwechsel oder Prüfstellen-Nachmeldungen bei der EK nachträglich eingereicht werden.

In Deutschland unterscheidet man zwischen der federführenden Ethikkommission und beteiligten Ethikkommissionen. Die federführende EK ist die für den Leiter der klinischen Prüfung (LKP) zuständige EK. Bei multizentrischen Studien kommen die für den jeweiligen Prüfer zuständigen beteiligten EKs hinzu. Die federführende EK trifft die Gesamtentscheidung über die Studie. Hier werden alle Unterlagen vollständig eingereicht. Die beteiligte EK bewertet nur die Eignung der jeweiligen Prüfstelle und der Prüfärzte. Sie erhält nur die entsprechenden Qualifikationsnachweise.

Die federführende Ethikkommission bestätigt den Eingang des Antrags innerhalb von 10 Tagen. Formale Mängel müssen durch den Sponsor innerhalb von 14 Tagen behoben werden. Nachdem der Antrag ordnungsgemäß eingegangen ist, haben alle beteiligten EKs 30 Tage Zeit, ihre Bewertungen an die federführende EK zu schicken. Nach insgesamt 60 Tagen (30 Tage bei monozentrischen Studien, 90 Tage bei biotechnologischen Arzneimitteln, 180 Tage beim Hinzuziehen von Gutachtern, ohne Frist bei xenogenen Zelltherapeutika) muss die federführende EK zu einer abschließenden Entscheidung kommen. Diese wird dem Sponsor und der Bundesoberbehörde schriftlich mitgeteilt. Einmalig kann die Ethikkommission Nachforderungen an den Sponsor stellen. Bis zur Behebung dieser inhaltlichen Mängel ruht die Frist.

 

Was ändert sich mit Inkrafttreten der EU Regulation 536/2014?

Nach der neuen EU Regulation 536/2014 müssen Ethikkommissionen in Zukunft bestimmte Voraussetzungen erfüllen und sich bis September 2017 bei den Bundesoberbehörden registrieren.

Der Sponsor wird seinen Antrag zur Durchführung einer klinischen Prüfung mit Arzneimitteln bei mono- und multinationalen Studien nur noch einmalig über das zentrale Online-Portal bei der EMA einreichen. Die Bundesoberbehörde und die Ethikkommission erhalten somit denselben ausschließlich elektronischen Antrag. Die Entscheidung wird von der BOB und der EK gemeinsam getroffen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen beiden Institutionen wird somit unumgänglich sein. Die Kommunikation zwischen dem Antragsteller und den Mitgliedsstaaten erfolgt ausschließlich schriftlich über das EMA-Portal.

Bei multinationalen Studien gibt es einen berichterstattenden Mitgliedsstaat (MS) und die beteiligten Mitgliedsstaaten. Nach Eingang des Antrags validiert der berichterstattende MS innerhalb von 10 Tagen dessen Vollständigkeit. Formale Mängel müssen vom Sponsor nach maximal 10 Tagen behoben worden sein. Nach ordnungsgemäßem Eingang des Antrags gibt der berichterstattende MS innerhalb von 26 Tagen einen Erstbericht ab. Während dieser Zeit können inhaltliche Rückfragen an den Sponsor gestellt werden, auf die er nach maximal 12 Tagen reagiert haben muss. Bei Fristablauf gilt der Antrag als abgelehnt. Da dem berichterstattenden MS weitere 19 Tage zur Finalisierung bleiben, ruht die Uhr („Clock-Stop“) für maximal 31 Tage. Innerhalb der nächsten 12 Tage werden die Entscheidungen der beteiligten MS bekannt gegeben, und der Erstbericht wird von allen Mitgliedsstaaten gemeinsam koordiniert und überprüft. Davon ausgehend fällt der berichterstattende MS nach weiteren 7 Tagen eine Einzelentscheidung, die für alle Mitgliedsstaaten bindend ist. Demnach wird dem Sponsor dieser konsolidierte Bewertungsbericht spätestens 45 (+31) Tage nach Antragsvalidierung über das EMA-Portal übermittelt. Wird eine dieser Fristen versäumt, gilt der Antrag zugunsten des Sponsors als „stillschweigend genehmigt“.

Durch diese starke Fristverkürzung und weil sich die Ethikkommissionen in Deutschland ehrenamtlich nur ein- bis zweimal monatlich treffen, wird ihr Einfluss in Zukunft vermutlich sinken. Das Anfordern zusätzlicher Informationen oder das Einbeziehen von Patientenorganisationen und externer Gutachter dürfte zeitlich kaum mehr möglich sein.

6 Monate nachdem das EMA-Portal und die EMA-Datenbank einsatzbereit sind (geplant ist Oktober 2018), tritt die EU Regulation 536/2014 in Kraft. Verzögerungen aufgrund des Umzugs der EMA von London nach Amsterdam sind zu erwarten. Es folgt eine dreijährige Übergangsfrist. Nicht-interventionelle Studien und klinische Studien mit Medizinprodukten sind von der neuen EU Regulation nicht betroffen.

 

Für die Antragstellung zur Durchführung einer klinischen Prüfung ist der Sponsor zuständig. Diese Aufgabe kann an eine CRO delegiert werden. Sprechen Sie uns an! Gerne unterstützt Sie unser Team vom Clinical Trial Service bei der Einreichung Ihrer Anträge!